Sommer 2020 Nord-, Kanal, Ostsee, Eider Teil 1

Alles anders dieses Jahr. Eigentlich war wieder fest Polen eingeplant. Aufgrund der Coronasituation haben wir davon aber zeitig Abstand genommen und beschlossen in Deutschland zu bleiben. Zudem wollten wir nicht die absoluten Tourihotspots anfahren. Herausgekommen ist schließlich eine Reise zwischen den Meeren in Schleswig Holstein.

Da wir nicht genau wussten, wie die Stellplatzsituation dieses Jahr aussieht, haben wir vorsichtshalber überwiegend Campingplätze vorgebucht.

Knapp 2 Wochen vorm geplanten Start sind unsere Pläne dann nochmal ganz schön ins Wanken geraten. Der Fall in Rheda-Wiedenbrück hat unserem Nachbarkreis erschreckend viele Coronafälle beschert. Glücklicherweise ist das Ganze nicht in unseren Kreis rübergeschwappt und wir können unsere Fahrt wie geplant antreten.

Anreise

Ich bin ja ein bisschen verrückt, das gebe ich ja zu :-). Freitag Feierabend und abends gleich los, drei Wochen später Sonntags wieder zurück und Montags gleich wieder zur Arbeit. Da schütteln einige Kollegen nur mit dem Kopf, aber Wohnmobilurlaub ist so geil, da genieße ich jede Minute.

Aber nun zur Anreise… Ganz verückt bin ich dann auch nicht. Abends sind wir nur knapp 150 km Landstraße gefahren und haben nun zum zweiten Mal in Dörverden bei den Wölfen übernachtet.

Eigentlich wollte ich ja derjenige sein, der mit dem Wolf tanzt. – Der Wolf wollte allerdings nicht und hat mich nur grimmig angeschaut. – Na gut, dann halt nächstes Jahr ein neuer Versuch….

Wir sind die Mehrheit!

Friedrichskoog

Mäh! – Nette Begrüßung von der Mehrheit der Friedrichskooger Bewohner :-) Allerdings ziemlich stürmisch. Daran sind aber nicht die “Mähmaschinen” schuld, sondern der schon ziemlich heftige Wind. Damit nicht genug, Wasser von oben gibt es auch noch reichlich. – Dann nutzt man halt die Regenpausen.

Für den Start in Friedrichskoog habe ich einen schönen, kleinen, urbanen Campingplatz gefunden, Camping am Nordseedeich. War wohl bisher der kleinste Campingplatz auf dem wir je standen. 3 Wohnmobile, 1 Wohnwagen, 1 Zelt und noch Platz für weitere 3-4 Fahrzeuge, genau unser Ding. Liegt direkt am Deich zwischen Friedrichskoog-Spitze und Friedrichskoog-Stadt, ähm… Friedrichskoog-Dorf.

Bei dem Sturm kann mein neues E-Bike gleich seine Stärken ausspielen. Mit einem “normalen” Fahrrad wäre ich wohl manchmal rückwärts gefahren oder seitlich umgeweht worden. Ach übrigens, wisst ihr eigentlich wie schnell Hasen laufen können? – Ich jetzt ja. 30 km/h schaffen die locker. Fahre so mit 25 km/h am Deich lang, da kommt rechts aus dem Gebüsch ein Hase gestürmt und rennt mir davon.

Die bekannte Seehundstation können wir leider nicht besuchen. Geschlossen wegen Renovierung.

Mäh!

Das Highlight in Friedrichskoog ist allerdings der Trischendamm, ein Küstenschutz-Bauwerk mit einer Länge von 2200 Metern und auch noch begehbar. An der Spitze befindet man sich dann mitten in der Nordsee.

Da ich ja, wie schon geschrieben, manchmal auch ein bisschen “verrückt” bin, habe ich mir in den Kopf gesetzt, mich bis zur Spitze zu begeben, auch bei Wind bzw. Sturm. War schon ein kleines Abenteuer, mit meiner Tochter auf diesem Damm langzugehen. Zwischendurch sind auch mal Zweifel aufgekommen, ob wir wirklich bis zum Ende durchgehen. Wir hätten umgedreht, wenn die Person vor uns den Rückzug angetreten hätte. Da sie durchgehalten hat, haben wir halt auch durchgehalten.

Ich kann euch sagen, es lohnt sich. Ist irgendwie ein schönes aber auch komisches Gefühl so mitten in der Nordsee zu stehen, ringsrum nur Wasser, viel Wasser, denn es war gerade Flut.

Auf dem Rückweg gibts dann noch mehr Wasser, diesmal aber von oben, bzw. von hinten. Klitschnass sind wir auf diesem Regenabschnitt von vielleicht 800 Metern geworden. Da der “Fön (Sturm)” gleich mitgeliefert wurde, waren wir am Festland schon fast wieder ganz trocken, sogar ganz ohne Sonne.

Und wieder 2,2 km zurück.

Rendsburg

Zweite Station auf unserer Rundtour ist Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal. Das hatten wir schon häufiger auf dem Plan. Diesmal nicht auf einem Campingplatz, sondern ohne Reservierung auf dem Wohnmobilhafen am Kanal-Café;. Das hat auch bestens funktioniert. Der Platz ist relativ neu, mit 16 € pro Nacht aber auch nicht der billigste. Ist aber sehr schön terassenförmig angelegt, so daß man von jedem Mobil aus den Nord-Ostsee-Kanal sehen kann und damit auch die Schiffe, die dort zahlreich durchfahren. Vorbildliche Ver- und Entsorgung und  sehr modernes Sanitärgebäude runden das Angebot ab. Das kostenfreie W-LAN am Platz ist auch sehr gut. Aufgrund des doch sehr durchwachsenen Wetters haben wir das öfter als geplant genutzt.

eines von 100ten

Kreuzfahrtschiffe gab es coronabedingt natürlich nicht zu sehen, dafür das ein oder andere Frachtschiff mit Länge bis knapp 200m. Damit man auch weiß was hier wann vorbeifährt, gibt es eine schöne App zum Download, Schiffsradar. Einfach mal im Appstore nachschauen. Dort werden weltweit alle Schiffe getrackt.

Aufgrund der App wissen wir auch, das wir die einzigen beiden Schiffe über 200m länge verpasst haben, aber Nachts um 3 aufstehen, das wollten wir dann doch nicht. 

Brunnen in der Innenstadt.

Noch ein paar interessante Facts zu Rendsburg.

Der Fußgängertunnel in die Stadt verfügt neben einem Aufzug über eine 55 m lange Rolltreppe. Damit ist sie eine der längsten in Deutschland. Die Rolltreppe in der Zeche Zollverein in Essen ist nur 3 m länger. Aber in Rendsburg gibt es die längste Bank der Welt mit 575,75 m. Ist aber irgendwie nicht so spektakulär das Ganze. Sie ist fast ausschließlich ohne Rückenlehne und so unscheinbar, das sich die wirkliche Länge gar nicht so erfassen lässt.

Der Nord-Ostseekanal, ursprünglicher Name: Kaiser-Wilhelm-Kanal, hat eine Gesamtlänge von 98,637 km und ist die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Im Jahr 2012 sind rund 35.000 Schiffe und 14.000 Sportboote in jeweils ca. 8 Stunden von Brunsbüttel an der Nordsee bis Kiel an der Ostsee gefahren, oder natürlich andersherum. Übrigens, alle Tunnel, Brücken und Fähren über- und unter den Kanal sind kostenfrei. Das wurde damals von Kaiser Wilhelm verfügt und ist noch heute gültig.

Was jeder kennt, ist natürlich die Rendsburger Hochbrücke, ein sehr beeindruckendes Bauwerk, das dort schon über 100 Jahre steht. Die Eröffnung dieser 2486 m langen Brücke war am 1. Oktober 1913 nach zwei Jahren Bauzeit. Mit den beiden Auffahrtrampen sind es sogar 7,5 km. Die wenigsten wissen allerdings warum diese Brücke so lang ist. Der Kanal ist ja maximal nur 168 m breit.

Wie? Ihr wollt wissen warum? Also gut… Die ursprüngliche Brück war eine Drehbrücke. Da die neue mit einer lichten Höhe von 42 m aufwartet, damit auch größere Schiffe sie passieren können, braucht man schon ein bisschen Anfahrtsweg, da das eine reine Eisenbahnbrücke ist und Eisenbahnen können nun mal nicht so steil hochfahren. Das erklärt aber immer noch nicht die enorme Länge. Schuld daran ist der Rendsburger Bahnhof, der zu nah am Kanal liegt. Diesen wollte man weiter nutzen, die Züge wären aber in mehreren Metern Höhe daran vorbeigefahren, daher wurde kurzerhand eine Schleife eingebaut, auf der die Züge langsam runterkommen und so den Bahnhof anfahren können.

Die berühmte Schwebefähre unterhalb der Brücke ist im momentan leider nicht zu sehen. 2016 ist diese mit einem Schiff kollidiert und hat dadurch einen Totalschaden erlitten. Sie wird gerade nachgebaut, das dauert aber noch mindestens bis Sommer 2021.

Rendsburger Eisenbahnhochbrücke

Ein Funfact am Rande gibt es gratis obendrauf.

Rendsburg scheint die Stadt der Fahrschulen zu sein. Das man mal in einer Stadt in einer halben Stunde mehrere Fahrschulwagen sieht, ist ja normal, aber hier haben wir in folgender Reihenfolge innerhalb einer halben Stunde gesehen: Fahrschulauto, Fahrschulbus, Fahrschul-LKW, Fahrschul-Motorrad und Fahrschultrecker. Da war alles, was so angeboten wird, auf der Straße.

Mit Dach über dem Kopf ;-)

Holnis

Kennt jemand von euch Holnis? – Nein? – Wir kannten Holnis vorher auch nicht. Bin durch Zufall im Internet darauf gestossen. Ein wunderschönes Stückchen Land, umgeben von dänischer Küste. Wenn man am nördlichsten Zipfel steht, vor einem Dänemark, links Dänemark, rechts Dänemark. Um überhaupt etwas von Deutschland zu sehen, muss man sich schon umdrehen.

Diese Halbinsel erstreckt sich auf einer Länge von 6 km nordöstlich von Glücksburg. Die nächstgelegende größere Stadt ist Flensburg. Ursprünglich war Holnis eine Insel die mittels Damm am Festland angebunden war. Dies änderte sich 1929. In diesem Jahr wurde das Gebiet durch Eindeichungen ans Festland angeschlossen. 

Holnis

Übernachtet haben wir eine Woche im Ostseecamp Holnis, der nördlichste Campingplatz Deutschlands. Ein etwas größerer Campingplatz, der insbesondere auf den Komfortplätzen  mehr als ausreichend Platz bietet. Mit knapp 45 Euro für Komfortplatz, 4 Personen und Hund liegt er preislich im Mittelfeld und ist für uns so gerade noch akzeptabel. Die über 60 Euro, die teilweise an Nord- und Ostsee aufgerufen werden, sind uns definitiv zu viel.

Ziemlich doof ist der Brötchenservice geregelt. Man kann nur zwischen zwei Tüten wählen, eine klassische und eine Süße Variante mit jeweils 6 festen Gebäckstücken. Relativ teuer sind die Tüten dann auch noch. Da wir das aber vorab wussten, haben wir uns vorab mit genügend Aufbackbrötchen eingedeckt. 

Die Lage ist perfekt, direkt am Strand. Einkaufsmöglichkeiten gibts allerdings keine. Man muss knapp 5 km bis Glücksburg fahren. Hier in Holnis gibt es nur zwei, drei kleine Strandkioske, ein Cafe und ein wirklich gutes Restaurant. Und hier geht es deutlich ruhiger und relaxter zu wie an den Hotspot-Stränden wie Timmendorfer Strand, Grömnitz und andere.

Steilküste in Holnis

Auch bis an die Ostsee hat uns der Regen verfolgt. Aber auch wie die Woche vorher zumindest kein Dauerregen von früh morgens bis spät abends. Die letzten zwei Tage ist das Wetter dann richtig schön und auch ein bisschen wärmer.

Da die beiden Mädels unbedingt Stand-Up-Paddeling ausprobieren wollen, leihen wir uns kurzerhand zwei SUP-Boards für je eine Stunde aus. Wieso sieht das eigentlich immer so einfach aus? – Unsere Tochter stellt sich aufs Board, nach 5 Minuten sieht das schon so aus, als ob sie das schon jahrelang macht. Die Göttergattin purzelt innerhalb einer halben Stunde mehrfach ins Meer und auch ich gebe nicht wirklich eine bessere Figur ab. Den Sturz ins Meer habe ich mir zwar erspart, aber nur weil ich gleich auf dem Board gelandet bin. Auch unser Sohn, der sich die letzte Viertelstunde das Board schnappt, kommt gut damit zurecht. – Damit sind dann wohl die Eltern die Deppen des Ostseestrandes. Ich für meinen Teil bin geheilt und werde nicht nochmal auf so ein SUP-Board klettern.

Wir haben jetzt schon einige SUPer (was für ein Wort ;-)) gesehen, das sieht bei allen so einfach aus. Stehen ganz locker auf dem Brett und ziehen ihre Bahnen. Ich bekomme nichtmal das Board in eine ruhige Lage.

Bilder von der Schmach erspare ich euch jetzt mal…

Ostseestrand Holnis

“Die Schwiegermutter” haben wir auch noch besucht. – Nein, nicht die, an die ihr jetzt denkt. Unsere Schwiegermutter ist rotgrün und ihr seht sie auf dem nachfolgenden Bild. Aber warum heißt sie so? – Dazu zitiere ich mal den ersten Absatz auf der Erklärungstafel:

Bei der vor Ihnen stehenden “Tonne 4” handelt es sich um die so genannte “Schwiegermutter”. So genannt, weil bei Einfahrt von See kommend in die Flensburger Förde sich die Tonne 4 (jetzt 6) immer auf der linken Schiffseite und bei der Ausfahrt aus der Flensburger Förde natürlich immer auf der rechten Schiffseite befinden muss. Bei Missachtung dieser Regeln, d.h. wenn der Schiffsführer die Tonne “schneidet” läuft das Schiff auf Grund, da die Wassertiefe außerhalb der Fahrrinne an der “Holnisspitze” sehr gering ist. Da man eine Schwiegermutter ebenfalls nicht “schneidet”, erhielt die Tonne 4 den Namen “Schwiegermutter”.

“Schwiegermutter”

So, dies ist der erste Streich, äh Teil, der zweite folgt sogleich, äh in ein paar Tagen.