Grasbahnrennen Bielefeld

Nicht irgendein Grasbahnrennen, sondern das erste Semi-Finale der Grasbahneuropameisterschaft. Als wir die Plakate sehen, ist schnell klar, was die männliche Fraktion am 04. Juni 2023 tun wird. – Jepp, wir lassen uns mit Dreck bewerfen und einstauben ;-) und das auch noch freiwillig.

im Fahrerlager

Bahnsport

Worum geht es hier genau? Viele von euch können mit dem Begriff Bahnsport wahrscheinlich nicht so viel anfangen. Bahnsport ist der Sammelbegriff für Speedway, Grasbahn- und Sandbahnrennen. Speedwaybahnen sind 260 bis 450 m lange Ovalbahnen, Gras- und Sandbahnen in der Regel zwischen 700 m und 1000 m. Die Grasbahn in Bielefeld ist z.B. 700 m lang. Die Motorräder sind leicht unterschiedlich, 500-cm³ Motoren mit einem Gang und 0 Bremsen. Jepp, ihr lest richtig, es gibt keine Bremsen. Auf den Geraden erreichen die Maschinen bis zu 130 km/h. Auf den Langbahnen kommen auch Maschinen mit 2 Gängen zum Einsatz. Der erste Gang ist dann aber ausschließlich für den Start. Von 0 auf 100 dauert es bei den Machinen gerade mal 5 Sekunden. Das Besondere sind die Kurvenfahrten. Die Fahrer legen ihre Maschinen seitwärts in die Kurven. Die Hinterräder schlagen nach aussen aus und die Vorderräder steuern um die Kurve. Das kann man hier auf dem Foto gut erkennen.

In Deutschland und den Niederlanden wird überwiegend Langbahn, also Gras- oder Sandbahn gefahren. Es gibt aber auch eine Speedwaybundesliga. Die größte Popularität hat Speedway in Polen, England und Skandinavien.

Der Sport ist sehr umweltfreundlich. Gefahren wird mit Alkohol, respektive Methanol und die Motoren mit Rapsöl geschmiert.

Kurvenfahrt

meine Historie

Den ersten Kontakt mit dem Bahnsport hatte ich vor knapp 40 Jahren. Mit meinem Onkel habe ich viele Jahre verschiedene Rennen in Deutschland besucht. Einige dieser Bahnen gibt es mittlerweile schon gar nicht mehr.

Wo war ich überall? Grasbahn Wickede (gibt es nicht mehr), Grasbahn Bielefeld, Grasbahn Rastede, Sandbahn Harsewinkel (gibt es nicht mehr), Grasbahn Lüdinghausen, Speedwaybahn Neuenknick, Grasbahn Osnabrück, Grasbahn Spenge (gibt es nicht mehr), Sandbahn Vechta, Grasbahn Cloppenburg

Welche bekannten Fahrer habe ich live gesehen? Natürlich den größten aller deutschen Bahnsportfahrer Egon Müller, daneben auch Karl Maier, Bernd Diener, Gerd Riss, Kelvin Tatum, Simon Wigg, Marcel Gerhard, Ales Dryml, Walter Scherwitzki, Robert Barth, Steve Schofield und viele mehr…

Irgendwann ist das dann ein bischen eingeschlafen. Die letzten Jahre habe ich aber immer wieder mal einzelne Rennen besucht. Ausgestattet immer mit einem über 50 Jahre altem Klappstuhl. Man kann sich um die Bahn herum frei bewegen und sich ein Plätzchen suchen. Wenn man nicht die ganze Zeit stehen möchte, bringt man sich halt seinen eigenen Klappstuhl mit.

kurz nach dem Start

Renntag Leineweberring

wie schon geschrieben ist der Leineweberring in Bielefeld eine Grasbahn. Grasbahn heißt immer Staub und Dreck. Durch die besondere Art der Kurvendurchfahrten wird viel Staub aufgewirbelt und Rasenstücke fliegen durch die Gegend. Wir sind natürlich schlau und setzen uns nicht gerade gegen die Windrichtung und auch nicht direkt in die Kurve, so bekommen wir relativ wenig ab. Wer aber ganz sauber vom Grasbahnrennen nach Hause kommt, war auch nicht da.

Die Karten haben wir uns schon im Vorverkauf gesichert, ein Erwachsener 18 € und Student 13,50 €. Fahrervorstellung ist für 13:30 Uhr angesetzt, anschließend Start der Rennläufe. Wir sind aber schon gegen 11:00 Uhr da. Bekommen so noch ein bisschen vom Training mit und können schon mal schauen, wo es am meisten dreckt und staubt. Außerdem bleibt in der Mittagspause genügend Zeit für einen Gang durchs Fahrerlager. Genau wie beim Bergrennen ist da nämlich alles auch für die Zuschauer offen und anzuschauen.

Bahnsport ist für die Aktiven nicht ungefährlich und es kommt immer wieder zu Stürzen. Egon Müller hat in seiner langen Karriere 65 Knochenbrüche erlitten, unter anderem 11 mal das rechte Schlüsselbein, 9 mal das linke, 7 mal der rechte Fuß, 6 mal der linke. Gleichzeitig sind die Bahnsportler aber auch hart im Nehmen. Solange nichts gebrochen ist, sitzen die im nächsten Lauf schon wieder auf ihrer Maschine. Das beste Beispiel, direkt im 1. Lauf stürzt Thomas Vallodon und Paul Cooper prallt auf sein herumfliegendes Motorrad. Im Wiederholungslauf stürzt Cooper dann exakt an der gleichen Stelle nocheinmal. Trotzdem nimmt er an den weiteren Rennläufen teil, hat mit dem Ausgang allerdings nichts mehr zu tun.

Jeder Rennlauf geht über 4 Runden und 6 Fahrer starten gleichzeitig. Der Finallauf ist gleichzeitig auch der spannenste. Der amtierende Grasbahneuropameister Romano Hummel aus den Niederlanden startet ganz schlecht, rollt das Feld aber von hinten auf. Den besten Start hat der Brite Chris Harris, der auch Punktbester der Vorlläufe ist. Auf den letzten zwei Runden wechselt die Führung mehrfach, letztendlich setzt sich aber Chris Harris mit nichtmal einer Reifenbreite Vorsprung durch und gewinnt. Besser kann der spannende Renntag nicht enden.

staubig

Rahmenprogramm

Ich will aber auch das Rahmenprogramm nicht unterschlagen. Hier starten die B-Solisten, also quasi die 2. Liga, die Seitenwagen bzw. Gespanne und auch noch eine Gruppe Endurofahrer.

Die B-Solisten liefern auch spannende Rennläufe ab, ebenso die Gespanne. Die sind aber nicht so meine Favoriten. Und die Endurofahrer? Naja, die kann man sich meines Erachtens sparen. Haben auf einer Grasbahn eigentlich auch nichts zu suchen. Bauartbedingt müssen die auf so einer Bahn sehr vorsichtig zu Werke gehen um nicht gleich auf die Schnauze zu fliegen. Spektakulär ist das dann nicht gerade.

Gespanne

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert